Der Ehevertrag

Der Ehevertrag

I. Vorwort

Der Ehevertrag ist ein Mittel für all diejenigen, die für sich die vom Gesetzgeber vorgegebenen Regelungen der Ehe, der Ehescheidung und ihrer Folgen als unpassend empfinden und eine individuelle, ihrem eigenen Lebenszuschnitt angepasste und von den gesetzgeberischen Vorgaben abweichende Regelung treffen möchten.

Mit § 1408 BGB trifft das Gesetz folgende Bestimmgung: Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.

Der Gesetzgeber selbst stellt dabei den Ehegatten zweit alternative Wahlgüterstände, die Gütergemeinschaft und die Gütertrennung, zur Verfügung.

Weitere Informationen zu den Güterständen finden Sie in unserem Beitrag Güterrecht.

Die Ehegatten können aber auch die güterrechtlichen Regelungen Ihrer Ehe in den durch Rechtsprechung und Gesetz aufgestellten Grenzen vollkommen frei bestimmen und sind nicht an die durch den Gesetzgeber vorgeschlagenen Wahlgüterstände gebunden.

Eheverträge können eine Vielzahl an Folgen und Beziehungen der Ehegatten untereinander regeln. Hierzu sogleich unter II.

In Eheverträgen können Unterhaltsfragen, Zugewinnausgleichsansprüche, der Versorgungsausgleich, die Verteilung des Hausrats, der Verbleib der Ehewohnung und vieles mehr zwischen den Ehegatten geregelt sein.

Je nach dem zu regelnden Lebenssachverhalt werden sie dabei jedoch teilweise unterschiedlich bezeichnet:

Der klassische Ehevertrag wird klassisch vor Beginn oder in den ersten Monaten der Ehe geschlossen. Sein Regelungsinhalt ist auf die (rechtliche) Beziehungen der Ehegatten untereinander geregelt. Weiter werden typischerweise Regelungen für den abstrakten Fall der Ehescheidung, also für die Zeit der Trennung und die Zeit nach der Ehescheidung bestimmt.

Hiervon zu unterscheiden sind diejenigen Verträge, die bei Trennung unter den Ehegatten abgeschlossen werden.

Hierbei ist nochmals zu unterscheiden:

Möchten die Ehegatten zunächst einmal getrennt leben ohne sich bereits konkret für eine Ehescheidung entschieden zu haben spricht man bei der zu treffenden Regelung von einer Trennungsvereinbarung.

Gegenstand dieser Regelungen ist es oftmals, den Ehegatten einen weitreichernden gesetzlichen Handlungsspielraum zu geben, als dieser aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zur Verfügung steht, erbrechtliche Verfügungen zu treffen sowie Regelungen für das Getrenntleben schaffen.
Haben die Ehegatten bereits konkrete Scheidungsabsichten spricht man bei der vertraglichen Regelung von einer Scheidungsfolgenvereinbarung.

Hierbei liegt der Schwerpunkt oftmals auf der Auseinandersetzung des in der Ehezeit erworbenen Vermögens, die Entflechtung der weiteren rechtlichen gemeinsamen Beziehungen und der Regelung des nachehelichen Unterhalts.

 

II. Eheverträge – besser als ihr Ruf

Eheverträge werden abgeschlossen, um dem wirtschaftlich stärkeren Partner, der auch den Ehevertrag abschließen möchte, im Falle der Scheidung sein Vermögen zu belassen. Der andere Ehegatte soll leer ausgehen. Eheverträge schließen nur Partner ab, die bereits von Anfang an mit dem Scheitern ihrer Ehe rechnen.

So oder so ähnlich formulieren sich die ersten Gedanken vieler Partner, wenn der Begriff Ehevertrag ins Spiel kommt.

Diese Vorstellung ist nicht nur überholt sondern auch falsch!

Tatsache ist, dass aufgrund der immer freier werdenden Ansichten in der Gesellschaft Scheidungen mittlerweile zum Alltag gehören. Ehegatten, die sich auseinandergelebt haben lassen sich scheiden ohne dabei ins soziale oder wirtschaftliche Abseits zu rutschen. Die gesellschaftliche Hemmschwelle vor einer Ehescheidung ist praktisch nicht mehr existent. Dies zeigt auch die Statistik: In Deutschland wird etwa jede 3. Ehe geschieden.

Es ist deshalb keine Schwarzmalerei, sich mit den Fragen der Folgen einer Scheidung bereits vor der Ehe und auch während der Ehe zu beschäftigen. Ehegatten, die sich frühzeitig mit den Folgen einer Scheidung auseinandersetzen handeln vorausschauend und ersparen sich in vieler Hinsicht emotionale und finanzielle Niederlagen.

Die Folgen einer Scheidung werden spätestens in der Zeit der Trennung zwischen den Ehegatten Gesprächsthema (und oft Streitstoff) und müssen geklärt werden.

Der Vorteil des Ehevertrags liegt darin, dass sich die Ehegatten bereits zu einem Zeitpunkt über die Folgen einer möglichen Scheidung verständigen, in der sie noch miteinander reden können und in der sie auch selbst fair miteinander umgehen möchten.

Die Alternative zum Ehevertrag ist in vielen Fällen, dass sich die Ehegatten nach der Trennung, also in einer emotional schwer belasteten Lebensphase, mit den Fragen des Zugewinnausgleich, des Unterhalts, des Hausrats, etc. auseinandersetzen müssen.

Einfachste Fragen, z.B. über die Kündigung des gemeinsamen Bankkontos, werden zum Schlachtfeld verletzter Gefühle, werden dann allein emotional entschieden und können zu einem kostenintensiven Rechtsstreit führen.

Ehegatten, die diese Fragen nicht bereits im Vorfeld geregelt haben, werden oft keinen Dialog mehr finden können und über die zu klärenden Fragen streiten – in vielen Fällen auch vor Gericht. Neben der psychischen Belastung eines solchen „Rosenkriegs“ sind solche Auseinandersetzungen auch für beide Seiten mit erheblichen finanziellen Belastungen verbunden.

 

III. Die gesetzlichen Regelungen passen nicht immer

Das Gesetz trifft umfangreiche Regelungen für die Zeit der Trennung und Scheidung. Aber auch für die Zeit der intakten Regelungen sind durch den Gesetzgeber Regelungen bestimmt.

Das dem Familienrecht zugrunde liegende Leitbild geht bei den vorgegebenen Regelungen noch immer von der so genannten Einverdienerehe oder Hausfrauenehe (ein Ehegatte arbeitet, der andere kümmert sich um den Haushalt) aus.

Diese Bild entspricht heute aber vielfach nicht mehr der Lebensrealität: In einer Vielzahl von Ehe haben sich beide Ehegatten dazu entschlossen, ihren Beruf weiter auszuüben und auch nach einer Schwangerschaft wollen viele Eltern wieder in den Beruf zurückkehren bzw. arbeiten für einen bestimmten Zeitraum bereits kurz nach der Geburt von zu Hause aus über das Internet weiter.

Gesetzgeber und Rechtsprechung gehen aber im Unterhaltsrecht davon aus, dass der Ehegatte, der in der Ehe nicht gearbeitet hat, auch zumindest im ersten Trennungsjahr nicht arbeiten muss.

Es verbleibt im Unterhaltsrecht aufgrund der Änderung des Unterhaltsrechts 2008 eine gewisse Unsicherheit, da bei Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes nunmehr darzulegen ist, warum der das Kind betreuende Elternteil nicht arbeiten kann. Wer sein Umfeld kennt und vernünftig miteinander sprechen kann, kann hier erhebliches Streitpotential durch einen Ehevertrag vermeiden.

Der Gesetzgeber geht im gesetzlichen Güterrecht davon aus, dass alles, was in der Ehe erworben worden ist, bei Beendigung der Ehe auszugleichen ist.

Zum Schutz des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten verbietet das Gesetz die Veräußerung des gesamten Vermögens, wenn der andere Ehegatte diesem nicht zustimmt. Entsprechendes gilt für Haushaltsgegenstände.

Das Unternehmen, das während der Ehe aufgebaut worden ist kann einen erheblichen Marktwert haben, ohne entsprechende liquide Mittel zur Verfügung zu haben. Der Ausgleichsanspruch kann zur Bedrohung der Existenz führen. Auch hier sollte zu Zeiten, in denen man miteinander sprechen kann, eine vernünftige Regelung gefunden werden.

Zusammengefasst: Die gesetzlichen Regelungen sind sinnvoll, können aber bei entsprechenden Lebenssituationen erhebliche Folgen haben.

Ergänzend empfehle ich die Lektüre der Artikel Zugewinnausgleich sowie Überblick Unterhaltsrecht.

IV. Prüfung eines Ehevertrags

Die zum Ehevertrag ergangene Rechtsprechung ist umfangreich.

Eheverträge können umfangreiche Regelungen enthalten, dürfen aber weder sittenwidrig noch einseitig übervorteilend sein.

Bei der Ehescheidung und bei Streitfragen können Eheverträge durch die Ehegatten und das Gericht überprüft werden.

Die Prüfung erfolgt dabei in zwei Schritten:

Bei dem ersten Schritt wird der Ehevertrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses betrachtet und gefragt, ob der Vertrag zu diesem Zeitpunkt erkennbar sittenwidrig oder übervorteilend war. In diesem Fall wäre der Vertrag nichtig.

Im nächsten Schritt wird mit Blick auf den aktuellen Lebenszuschnitt geprüft, ob die vertraglich gewollte und geregelte Lebenslage auch eingetreten ist und wenn nicht, ob die vertragliche Regelung angepasst werden kann.

Wenden Sie sich zum Abschluss eines Ehevertrags oder zur Überprüfung des Vertrags an einen familienrechtlich versierten Rechtsanwalt. Die Probleme sind zwar vielseitig, aber für den im familienrechtlich nicht tätigen Anwalt nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen.

Wer dies berücksichtigt weiß, dass eine Übervorteilung bereits von vorne herein zum Scheitern bestimmt ist.

Die jüngere Rechtsprechung des BGH hat sich umfangreich mit den Voraussetzungen zur Kontrolle von Eheverträgen auseinandergesetzt.
Der schwächere Vertragspartner erfährt einen umfangreichen Schutz durch die Rechtsprechung, gleichzeitig bleibt aber die Verfügungsfreiheit der Ehegatten über ihre rechtlichen Beziehungen zueinander weitgehend erhalten.

Eine möglichst sorgfältige Vorbereitung und Ausarbeitung eines Ehevertrags ist daher unumgänglich. Der einmal geschlossene Ehevertrag ist nicht „in Stein“ gemeißelt.

Kaum eine andere Vertragsbeziehung zwischen zwei Parteien unterliegt einer so starken tatsächlichen Dynamik wie der Ehevertrag.
Zu Beginn einer Ehe kann kaum vorausgesagt werden, wie sich das Leben der beiden Ehegatten in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten gestalten wird.

Aus diesem Grund kann und sollte der Ehevertrag auch regelmäßig überprüft werden.

Hat sich die Lebensgestaltung, von der die Ehegatten bei Abschluss des Ehevertrags ausgegangen sind nicht eingestellt, so kann diesem dadurch Rechnung getragen werden, dass für einzelne Teile des Ehevertrags wieder die gesetzliche Regelung anzuwenden sein kann.

Ist ein Ehevertrag von vorne herein schwer einseitig belastend ausgestaltet, so wird der Ehevertrag bei einer gerichtlichen Kontrolle als nichtig angesehen werden.

Ist der Ehevertrag dagegen fair ausgestaltet, können die Ehegatten vielseitige Regelungen ihrer nachehelichen Beziehungen treffen und mitunter weit von den gesetzlichen Vorgaben abweichen.

 

V. Gestaltungsmöglichkeiten

Wie weit die vertraglichen Vereinbarungen von den gesetzlichen Vorgaben abweichen können, hängt dabei wiederum davon ab, wie stark der innere Bereich der Ehe, die mit der Ehe verbundene gegenseitige Verantwortung, betroffen ist.

Dabei gilt: je stärker eine Regelung in den sogenannten Kernbereich der Ehe eingreift, desto strenger sind die Anforderungen, die an eine ehevertragliche Regelung zu stellen sind (Kernbereichslehre des BGH).

So sind z. Bsp. die Regelungen über den nachehelichen Unterhalt aufgrund der Betreuung eines gemeinsamen Kindes weitestgehend der Regelungsmöglichkeit durch Ehevertrag entzogen.

Dagegen können die Ehegatten über den Zugewinnausgleich (Güterrecht) nahezu ohne Einschränkung Abreden treffen. Bei Regelungen über den Versorgungsausgleich ist wiederum zu prüfen, wie weit die Partner jeweils selbst in der Lage sind, eigene Versorgungsanwartschaftsrechte für das Alter zu schaffen und ob – z. Bsp. im Falle der Geburt eines gemeinsamen Kindes – Ausgleichleistungen für den Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs geschaffen werden.

Da die Ehe auch hinsichtlich des gesetzlichen Erbrechts weitreichenden Einfluss hat, können die Ehegatten auch in den Ehevertrag erbrechtliche Regelungen mit aufnehmen.

Welche Regelung in einem Ehevertrag getroffen werden sollen hängt letztlich vom jeweiligen Einzellfall ab. Regelungsgegenstände können dabei sein (nicht abschließend):

  • Güterrechtliche Angelegenheiten
  • Unterhalt
  • Versorgungsausgleich
  • Hausrat
  • Verfügungsmöglichkeiten über das gesamte Vermögen, den Hausrat

Auch erbrechtliche Regelungen können in Eheverträge aufgenommen werden.

 

VI. Wer sollte einen Ehevertrag abschließen?

In jedem Fall empfiehlt sich der Ehevertrag für Immobilienbesitzer und Unternehmensinhaber / – gesellschafter.

Werden Unternehmen oder Immobilien ererbt oder mit in die Ehe eingebracht sind diese zwar im Falle einer Erbschaft privilegiert und damit dem Zugewinnausgleich entzogen.

Auch das mit in die Ehe eingebrachte Vermögen wird bei der Unterhaltsberechnung im Anfangs- und im Endvermögen berücksichtigt und ist damit im Zugewinnausgleich mit seiner Substanz nicht auszugleichen.

In den Zugewinn fällt jedoch der Wertzuwachs der Erbschaft bzw. des Unternehmens, den dieses während der Ehezeit erfahren hat.
Diese Werte können mitunter eine solche Größe erreichen, dass über den Zugewinnausgleich eine Zerschlagung der Erbschaft oder des Unternehmens drohen kann.

Werden Unternehmen während der Ehe gegründet ist die Gefahr der Zerschlagung sogar noch größer, in diesen Fällen fällt auch der Wert der Unternehmenssubstanz in den Zugewinnausgleich.

Hier sollten individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Aber auch für das junge Ehepaar, das am Anfang der Ehe noch kein eigenes Vermögen besitzt und beide Ehegatten berufstätig sind empfiehlt sich der Abschluss eines Ehevertrags. Die heute als normal geltende Doppelverdienerehe weicht erheblich von dem Leitbild des Gesetzes ab.

Das Gesetz geht noch immer von einer Einverdienerehe aus, bei der ein Ehegatte den Haushalt führt.

Für die jungen Ehegatten kann es daher durchaus sinnvoll sein, eigene Regelungen hinsichtlich des Unterhalts bzw. des Versorgungsausgleichs vertraglich zu fixieren.

 

VII. Zeitpunkt des Vertragsschlusses

Ein Ehevertrag kann nicht nur vor der Heirat geschlossen werden. Der Ehevertrag kann jederzeit vor, während oder sogar nach der Ehe (in Form einer Trennungsvereinbarung oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung) geschlossen werden.

Die regelmäßige Überprüfung des Ehevertrags ist dabei jedem Ehegatten zu empfehlen.

Die Ehegatten sollten sich etwa alle 2 Jahre mit dem Vertrag beschäftigen und prüfen, ob die getroffenen Regelungen noch mit ihren jetzigen Ansprüchen übereinstimmen und ob der geplante Lebenszuschnitt noch mit dem tatsächlichen Lebenszuschnitt übereinstimmt.
Spätestens bei erheblichen Veränderung, z. Bsp. der Geburt eines bei Vertragsschluss nicht geplanten Kindes, sollte sachkundiger Rat eines Rechtsanwalts eingeholt werden und diesem der Ehevertrag zur Überprüfung vorgelegt werden.

Aber auch sonst ist zu beachten, dass sich die Rechtsprechung ändern kann. Eine Überprüfung der Ehevertrags in regelmäßigen Abständen durch den Rechtsanwalt ist zu empfehlen.