Die Härtefallscheidung

Die Härtefallscheidung

Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahrs

 

Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.

Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.

Eine Ehe kann bereits vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den die Scheidung begehrenden Ehegatten eine nicht zumutbare Härte darstellen würde.

Eine unzumutbare Härte liegt dann vor, wenn bei objektiver Beurteilung eine Verbundenheit zu dem anderen Ehegatten aufgrund des Fortbestehens der Ehe bereits nicht zumutbar ist, das weitere Verheiratetsein also als erniedrigend empfunden wird. Das Vorliegen solcher Härtegrund wird durch die Rechtsprechung sehr zurückhaltend bejaht.

 

Im Folgenden finden Sie einen kurzen (nicht abschliessenden) Überblick über die zur Härtefallscheidung ergangene Rechtsprechung

Ein solcher Härtefall ist nach Ansicht des OLG Köln (Az. 25 WF 103/95) gegeben, wenn der ehebrecherische Ehegatte, nach Entdeckung seines ehebrecherischen Verhältnisses seinen Ehegatten zum Geschlechtsverkehr zu Dritt auffordert.

Erwartet die Ehefrau aus einem ehebrecherischen Verhältnis ein Kind, kann der Ehemann nach Ansicht des OLG Karlsruhe (Az. 20 WF 32/00) die Scheidung auch vor Ablauf des Trennungsjahres verlangen. Hintergrund ist, dass der Ehemann bei Geburt des Kindes während der Ehe als gesetzlicher Vater gilt (vgl. § 1592 BGB). Die mit dem Kindschaftsreformgesetz erleichterte Möglichkeit der Anerkennung der Vaterschaft durch den anderen Mann ändert hieran nichts.

Das OLG Naumburg (NJW 2005, 1812) entschied hierzu, dass sich die Schwangere selbst nicht auf diesen Umstand berufen kann. Im umgekehrten Fall, dass der Ehemann von seiner neuen Partnerin ein Kind erwartet, erscheint dagegen nicht als Härtefall, da der Ehemann die Vaterschaft jederzeit anerkennen kann. Alleine das ein Kind aus einer anderen Beziehung stammt reicht nach (umstrittener) Ansicht des OLG Stuttgart (FamRZ 1999, 722) für einen Härtefall nicht aus.

Ob eine über Monate oder Jahre hinweg andauernde Beziehung einen Härtegrund darstellt, ist im Einzelfall zu entscheiden. Das OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe FamRZ 1978, 592) hatte dies bejaht, wenn die sexuelle Beziehung zum neuen Partner bereits vor der Trennung aufgenommen worden war. Aufgrund der gewandelten gesellschaftlichen Ansichten dürfte hier allerdings Zurückhaltung zu üben sein.

Eine beim Familiengericht Frankfurt tätige Familienrechterin verneinte das Vorliegen einer unzumutbaren Härte im Fall einer die Scheidung begehrenden aus Marokko stammenden Ehefrau, die von ihrem Ehemann in der Ehe geschlagen worden war und deren Ehemann ihr gegenüber Morddrohungen ausgesprochen hatte mit der Begründung, dass „es im marokkanischen Kulturkreis nicht unüblich sei, dass der Mann gegenüber der Frau ein Züchtigungsrecht ausübe“. Dem Ablehnungsantrag gegen die Richterin wurde stattgegeben, danach kann davon ausgegangen werden, dass ein Härtegrund bei solch massiven Drohungen zu bejahen ist.

Das OLG Bremen (FamRZ 1996, 489) hatte einen Härtefall bejaht, nachdem sich ein Ehegatte nach der Trennung der Prostitution zugewandt hatte.

Weitere Härtegründe sind schwere Beleidigungen, grobe Ehrverletzungen, demütigende Beschimpfungen, erst Recht Tätlichkeiten, auch gegen Kinder oder nahe Angehörige. Diese Gründe sind allerdings höchst umstritten.

Bejaht die Rechtsprechung bei Vergewaltigungen in der Ehe häufig das Vorliegen eines Härtefalls, wurde dieser Härtefall bei einer einmaligen Vergewaltigung in der Ehe im Affekt durch das OLG Stuttgart (FamRZ 2002, 239) verneint.

Auch in der Trunksucht eines Ehegatten kann eine Unzumutbarkeit gesehen werden und damit ein Härtefall bejaht werden. Hierzu muss aber die Trunksucht weitere folgen haben wie etwa das Hinzukommen von Tätlichkeiten und Unsauberkeit (OLG Bamberg FamRZ 1980, 577; OLG München FamRZ 1978, 29).

Ebenso kann im Verschweigen einer anstehenden Haftstrafe eine Härte gesehen werden (AG Ludwigsburg, NJW-RR 2007, 4).

Verlässt der Ehemann unmittelbar vor oder nach der Geburt des gemeinsamen Kindes die Ehefrau, kann auch hierin ein Härtegrund liegen.
Ein Härtegrund liegt nicht vor, in einer nachlässigen Versorgung des Haushalts (OLG Stuttgart NJW 1978, 546) oder der Verweigerung von Unterhaltsleistungen (KG FamRZ 2000, 288; OLG Stuttgart FamRZ 2001, 1458) zu sehen.

Ein Härtegrund liegt auch dann nicht dann vor, wenn nach langjähriger Ehe ein Ehegatte seine Homosexualität offenbart (OLG Nürnberg, Az. 10 WF 1526/06).

Lesen Sie auch unseren Beitrag zu den Voraussetzungen der Ehescheidung.